Bilder der Welt machen sich Einzelne, sie sind darin aber angewiesen auf einen kulturellen →Fundus. Wenn Kinder anhand einer bebilderten Buchstabentafel (oder eines anderen Lehrmittels) lernen, verankert sich nicht nur das Alphabet im Kinderhirn, sondern auch Bilder der Welt. Das Symbolbild zum Buchstaben hilft nicht nur, sich den Buchstaben einzuprägen, sondern auch, sich ein Bild von den Dingen oder den Menschen zu machen, auf die es verweist. Stehen also rassistische →kontrollierende Bilder für bestimmte Buchstaben, vermitteln die Bilder gleichzeitig ein vermeintliches Wissen und eine (rassistische) Vorstellung davon, wer diese Menschen sind. Wenn alle anderen Buchstaben mit Tieren und Gegenständen symbolisiert werden, rücken die rassifizierten menschlichen Figuren in deren Nähe. Sie werden objektiviert.
Wer schaut auf diese Symbolbilder und wer oder was wird gesehen? Suggeriert wird ein Blick aus dem Nirgendwo, aus einer Perspektive, die nicht in der Welt steht, sondern über ihr, und damit eine ordnende Übersicht behält. Der Blick sortiert kleine Weltstücke in einen Setzkasten, malt sie so, wie er sie sieht. Die Buchstabenfolge, das Alphabet, wird zum Index einer →eurozentristisch geordneten Welt.
Einen vollständigen Index kann es nicht geben. Schon gar keinen «Weltindex». Ein Index bedeutet eine Auswahl und beruht auf →Lücken und Leerstellen. Um diese Auswahl zu treffen, braucht es ein externes Kriterium, einen Kontext. Das vorliegende Glossar hat als Kontext die Ausstellung im Bernischen Historischen Museum, 2024, zu einem rassistischen Wandalphabet, das jahrzehntelang in einer Stadtberner Primarschule gehangen hatte. Durch den konkreten Kontext ist ein Glossar, anders als eine Enzyklopädie, eine Stimme, die von einem bestimmten Ort aus spricht und verortet werden kann.
W wie Weltbild. Bilder der Welt machen sich Einzelne, sind darin aber angewiesen auf einen kulturellen →Fundus aus vorbestehenden Deutungen, Erklärungen und Bildern der Welt. Wenn Kinder anhand einer bebilderten Buchstabentafel lernen, verankert sich nicht nur das Alphabet im Kinderhirn, sondern auch die damit verbundenen (rassistischen oder kolonialen) Wörter, Bilder und Sinneszusammenhänge, über die ihnen die Welt nahegelegt wird.