Reparationen werden heute meist in Anlehnung an das Völkerrecht als symbolische oder materielle Entschädigungen verstanden, die bei schweren Menschenrechtsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingesetzt werden.
Sie sind somit ein juristisch kodierter Begriff und mit rechtlichen Konsequenzen gekoppelt. Im Abkommen zwischen Deutschland und Israel nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in bewusster Abgrenzung davon das Wort Wiedergutmachung verwendet. Dieser Begriff wurde gewählt, um von deutscher Seite die Freiwilligkeit sämtlicher Zahlungen zu betonen und keinen Präzedenzfall für Forderungen anderer kriegsgeschädigter Staaten zu schaffen. Auch weil er suggerierte, dass die Geschichte – konkret der Holocaust – wieder gut oder rückgängig gemacht werden könne, war der Begriff von Anfang an umstritten. Kritisiert wurde auch, dass aus dem Begriff das Begehren spricht, Schulden (debt) zu bezahlen, um sich nicht mit Schuld (guilt) und der daraus entstehenden Verantwortung auseinandersetzen zu müssen. Trotz dieser problematisierten Konnotationen werden Reparationen und Wiedergutmachungen heute manchmal synonym verwendet.
Restitution bezeichnet in gegenwärtigen Debatten oft spezifischer die Rückerstattung von kulturellen Objekten und menschlichen Überresten, die in einem kolonialen Kontext geplündert und verschleppt wurden. Forderungen nach Restitutionen und Reparationen begannen mit der formellen Abschaffung der Sklaverei und politischen Unabhängigkeitserklärung ehemaliger Kolonien.
Aus post_kolonialer, dekolonialer und antirassistischer Perspektive wird kritisiert, dass Reparationsvereinbarungen oft einer liberalen und juridischen Logik folgten, die individuelle vor kollektiven Rechten bevorzugte, wonach Täter:innen und Opfer deutlich identifizierbar sein müssten. . Allerdings sind bei Gewalt, die Jahrhunderte andauert (z.B. Versklavung), viele der Opfer und Täter:innen längst verstorben. Forderungen werden deswegen als verjährt abgetan. Weiter wird kritisiert, dass diese Logik den komplexen und oft globalen Verstrickungen der Schuld und Täter:innenschaft nicht gerecht werde. Wenn auch zum Teil Behörden belangt würden, würden kaum je ganze Staaten in die Verantwortung gezogen. Die Notwendigkeit von absteckbaren Verbrechen überdecke zudem oft die kolonialen und rassistischen Kontinuitäten von Gewalt bis in die heutige Zeit (z.B. Staatenlosigkeit, sozialer Tod, Sterbenlassen etc.). Die Erben dieser Gewalt sind nicht immer familiäre Erben – ein Umstand, der in liberalem Recht zumeist nicht kodifiziert ist.
→Post_koloniale Ansätze fordern dementsprechend ein breiteres Verständnis von Reparationen und Restitutionen. Diese sollen als Werkzeuge dienen, um historische Formen der Gewalt und damit zusammenhängende Formen struktureller Ungleichheit anzuerkennen, Umverteilungen anzugehen und dadurch globale und lokale Beziehungen neu zu gestalten. Reparationen und Restitutionen in diesem Sinn, sind nicht rückwärtsgewandt, haben also nicht das Ziel vergangenes Leid rückgängig zu machen. Vielmehr soll die erfolgte Gewalt anerkannt werden, damit eine Auseinandersetzung mit deren Auswirkungen stattfinden und Verantwortung übernommen werden kann. Dies ist nicht als abgeschlossene Handlung zu verstehen, sondern als rkontinuierlicher Prozess. In Bezug auf Restitution sprechen Bénédicte Savoy und Felwine Sarr von einer «Ethik der Beziehung», die mit der Rückerstattung kultureller Artefakte entstehen könne. Ziel sei dabei nicht, dass diese an einem anderen Ort lagern sollten, sondern dass sie unter veränderten Voraussetzungen weiter zirkulierten.
Andere Ansätze sind pessimistischer was die Umsetzbarkeit von Reparationen unter gegenwärtigen Umständen anbelangt. Sie betonen, dass Reparationen in Bezug auf koloniale Gewalt, Versklavung und die daraus resultierende Ungleichheit bisher entweder nicht erfolgt seien oder nicht zu einem tatsächlichen Ende kolonialer Kontinuitäten (inkl. rassistischer Gewalt) geführt hätten. So habe die Abschaffung der Sklaverei keine Bedingungen geschaffen, unter denen ehemals versklavte Menschen mit dieser Statusveränderung ein besseres Leben hätten führen können. Wenn auch in gewissen Fällen eine gewisse Art von Abhilfe erfolgt sei, haben diese nicht zur Wiederherstellung eines selbstbestimmteren Lebens geführt. Weiter hätten diese Verzögerungen, Einschränkungen und Verhinderungen, die aus Sklaverei und Kolonialismus entstandenen Verletzungen weiter vergrössert und intensiviert.
Den Reparationen werden historische und/oder realistische Formen der Abhilfe in fortbestehenden Gewalt- und Ungleichheitsstrukturen gegenübergestellt. Dies geschieht unter dem von Saidiya Hartman geprägten Begriff Redress.
Redress (Abhilfe) ist somit noch keine Reparation, sondern findet in einem Zustand des Dazwischen statt, in dem die vorangehende Gewaltsituation formell beendet, aber der neue Zustand noch nicht eingetroffen ist. Redress verändert weder die gesellschaftliche Situation der Geschädigten noch die Ungleichheitsstrukturen, auf denen diese beruht. Neben ihrem konkreten Nutzen für die Geschädigten, zeigt Redress in den lokalen Umsetzungen auf, dass tatsächliche Transformation hin zu einer Zukunft, in der die Gewalt überwunden ist, noch bevorsteht.
Redress als Abhilfe in diesem Sinne wurde und wird zum Teil juristisch ausgehandelt. Hartmann interessiert sich aber vor allem für jene Abhilfe, die durch Selbstorganisation der Geschädigten geschaffen wird. Praktiken, wie gegenseitige Hilfe, gemeinschaftliche Fonds oder Commoning können als solche Formen der Abhilfe gesehen werden.
R wie Reparationen/Restitution/Redress (Abhilfe). Reparationen sind Entschädigungen, die bei schweren Menschenrechtsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit von Täter*innen an Geschädigte gemacht werden.
Restitution ist die Rückerstattung von kulturellen Objekten und menschlichen Überresten, die geplündert und verschleppt wurden. Für postkoloniale Ansätze ist Restitution ein Werkzeug, um historische und andauernde Formen von Gewalt und struktureller Ungleichheit anzuerkennen, Umverteilung zu erwirken und globale Beziehungen neu zu gestalten.
Redress bedeutet Abhilfe für Geschädigte und entstammt einer Kritik am Begriff Reparationen, weil diese im Kontext von Versklavung und Kolonialismus im Effekt nie erfolgt sind. Redress bezeichnet demgegenüber Abhilfen, die unter bestehenden Verhältnissen stattfinden (können) und oft selbstorganisiert erwirkt werden. Diese verändern zwar die Strukturen selber nicht, verweisen aber auf mögliche alternative Zukünfte, in denen die Gewalt überwunden ist.