O wie Orientalismus

Orientalismus ist eine spezifische Form des kolonialen →Otherings. Der Begriff wurde vom amerikanisch-palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said geprägt. Er beschreibt die Produktion und Vorstellung des Orients als «negatives» Gegenbild des Westens. So wurden kulturell und geografisch heterogene Räume unter dem ideologischen Begriff des «Orients» zusammengefasst, der in der Folge alles widerspiegelt, was der Westen nicht ist, oder nicht sein will. Dabei wandeln sich die spezifischen Orientbilder im Laufe der Zeit: Im 19. Jahrhundert war die europäische Vorstellung des Orients von →S/Exotismus geprägt. Beispielsweise in den europäischen Bildern von Harems, in denen Frauen zumeist nackt und sexualisiert dargestellt wurden, oder in der Projektion männlicher homosexueller Freizügigkeit. In der Verschränkung mit →antimuslimischem Rassismus werden heute dieselben Regionen mit Hypermaskulinität, «traditioneller» Unterdrückung von Homosexualität und «übermässiger Verhüllung» von Frauen in Verbindung gebracht. In beiden Fällen wird der «Orient» gegenüber dem Westen als rückständig und minderwertig konstruiert.

Orientalismus ist in diesem Sinne auch ein Wissensfeld, das alle umfasst, die mit diesem Blick über den «Orient» forschen, schreiben und lehren. Die Orientforschung entstand ab dem 18. Jahrhundert zuerst in Europa, später auch in den USA und im Mittleren Osten. Orientalistisches Wissen wurde zentral für die europäische Moderne und für die Selbstwahrnehmung europäischer Nationalstaaten. Über die «Anderen» zu lernen, bedeutete auch, zu lernen, wer man selber (nicht) war. So gibt es auch im Bernischen Historischen Museum noch den Orientalischen Saal.

Nicht zuletzt, war der Orientalismus ein mächtiges Herrschaftsinstrument: Er legitimierte europäische und amerikanische koloniale Ansprüche, Unterwerfung, Ausbeutung und militärische Interventionen. Bis heute beeinflussen orientalistische Vorstellungen das Bild von Terrorist:innen, aber auch die Migrationspolitik und den Sicherheitsdiskurs in der Schweiz.

O wie Orientalismus ist eine spezifische Form des kolonialen Otherings. Er beschreibt die Konstruktion des «Orients» als Gegenbild des «Westens», das alles widerspiegelt, was der Westen nicht sein will. Die konkreten Orientbilder wandelten sich mit dem Selbstbild des «Westens». Orientalismus als Wissen über den Orient war ein mächtiges Herrschaftsinstrument: Er rechtfertigte koloniale Unterwerfung und Ausbeutung und militärische Interventionen in einem riesigen, kulturell diversen geografischen Gebiet. Der Orientalismus beeinflusst bis heute die Migrationspolitik und Diskurse um Terrorismus und Sicherheit in der Schweiz (antimuslimischer Rassismus).