A wie antimuslimischer Rassismus

Antimuslimischer Rassismus bezeichnet die Diskriminierung von Menschen, die aufgrund ihrer tatsächlichen oder zugeschriebenen Zugehörigkeit zum Islam als Muslim:innen wahrgenommen werden. Die Begriffe Islamophobie oder Islamfeindlichkeit, vermitteln den Eindruck, es gehe um diffuse Ängste gegenüber dem Islam. Sie nehmen also die Religion zum Ausgangspunkt. Im Gegensatz dazu verweist die Bezeichnung antimuslimischer Rassismus auf die tatsächliche politische, institutionelle und strukturelle Verankerung der Diskriminierung. Diese beruht auf Vorstellungen von Muslim:innen als homogene Gruppe, die als fremd eingeordnet wird und der bestimmte (zumeist herabmindernde) Eigenschaften zugeschrieben werden (vgl. →Othering, →kontrollierende Bilder).

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 (9/11) in den USA hat antimuslimischer Rassismus global massiv zugenommen. Durch die Kopplung an Debatten über Sicherheit und Terrorismus ist er zu einer zentralen Schablone des rassistischen →Otherings in Europa geworden, in dem Muslimischsein als unvereinbar mit Europäischsein und «westlichen Wertendargestellt wird. Hierfür werden Bilder von radikalen Muslim:innen beschworen, die als Gefahr für die innere Sicherheit kriminalisiert werden.

Im deutschsprachigen Europa werden rassistische Darstellungen, die früher ethnisch gerahmt wurden, in der Öffentlichkeit nach 9/11 zunehmend über die tatsächliche oder vermeintliche muslimische Religionszugehörigkeit verhandelt. Betroffen sind beispielsweise Menschen aus der Türkei, Ex-Jugoslawien, Syrien oder dem Nahen Osten. Umgekehrt wird Muslimischsein vermehrt ethnisch konnotiert. Die grossen muslimischen Diasporas aus Afrika oder Asien, wie auch schweizerische Muslim:innen, fallen aus dieser →eurozentrischen Vorstellung von Muslimischsein heraus.

In völliger →Amnesie für die anhaltende europäische Diskriminierung von Frauen und LGBTQ+-Menschen, wird Muslim:innen die generelle Unterdrückung dieser Bevölkerungsgruppen zugeschoben. Demgegenüber stilisiert sich der Westen seit 9/11 zunehmend als Hort der Menschenrechte, der Gleichberechtigung und «sexuellen Demokratie», der diese Werte gegenüber Muslim:innen (auch wenn sie nicht immer so benannt werden) sowohl national als auch international durchsetzen muss.

Seit der Minarett-Initiative wird dieser Diskurs in der Schweiz in rechten Initiativen und Diskursen immer öfter aufgegriffen. Darüber hinaus schlägt er sich in staatlichen Massnahmen nieder. So wurde in verschiedenen kantonalen Integrationskursen die geschlechtliche und sexuelle Gleichberechtigung in der Schweiz zu einem Kernthema, das «Neuankömmlingen» vermittelt wird. Gleichzeitig werden Menschen, die aus religiösen Gründen Kopftücher tragen, in gewissen Kantonen aus bestimmten Berufen (z. B. Lehrperson) ausgeschlossen.

Im Kanton Genf wurde 2019 ein Laizitätsgesetz angenommen, welches das Tragen religiöser Symbole in der Öffentlichkeit für Personen in politischen Ämtern und Staatsdiensten verbietet. Dadurch wird gewählten kopftuchtragenden Politikerinnen verwehrt, ihr Amt auszuüben.

Ähnlich verhält es sich mit der generellen Zuschreibung von →Antisemitismus. Im Vergessen des strukturell verankerten Antisemitismus in der Schweiz, der fehlenden öffentlichen Aufarbeitung beispielsweise der eigenen antisemitischen Flüchtlingspolitik während des Zweiten Weltkriegs, wird Antisemitismus in dominanten rechten Medien regelmässig als importiert dargestellt. Dies geschieht insbesondere auch in Bezug auf den israelisch-palästinensischen Krieg, der als Krieg zwischen Jüd:innen und Muslim:innen stilisiert wird.

Antimuslimischer Rassismus greift teilweise auf ältere, christlich begründete Formen eines Anti-Islamismus zurück, die schon zur Legitimation mittelalterlicher Kreuzzüge aufgerufen wurden. Diese haben immer wieder zur Verfolgung und Vertreibung muslimischer Menschen, insbesondere im südlichen Europa, geführt. Die Inquisition ab dem Ende des 15. Jahrhunderts war ein historischer Einschnitt und wird teilweise als Proto-Rassismus oder als Rassismus vor dem biologischen Rassenverständnis gesehen: Mit dem Ziel das südliche Europa christlich zu machen, wurden Muslim:innen und Jüd:innen entweder vertrieben oder zwangsbekehrt. Das heisst, wer bleiben wollte, musste christlich werden. Dies führte zu neuen Formen der Verdächtigung und Überwachung, und zum generellen Ausschluss aller Menschen ohne christliche Vorfahren aus staatlichen Ämtern. Jüdisch- oder Muslimischsein wurde nicht mehr nur als religiöses Bekenntnis gesehen, sondern als natürliche und vererbbare Eigenschaft.

Der heutzutage allgegenwärtige antimuslimische Rassismus, wird in der Schweiz kaum als solcher benannt und anerkannt. Stattdessen wird Rassismus abgestritten (vgl. →Distanzierungsmuster) und mögliche oder tatsächliche Differenzen werden kulturalisiert («Das Problem ist der Islam»). Diese Verkennung hat schwere soziale, ökonomische und politische Folgen, für diejenigen, die durch antimuslimischen Rassismus geschädigt werdensie, und sie verhindert antirassistische Massnahmen.

A wie antimuslimischer Rassismus bezeichnet die Diskriminierung von Menschen, die aufgrund ihrer tatsächlichen oder zugeschriebenen Zugehörigkeit zum Islam als Muslim*innen wahrgenommen werden. Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat der antimuslimische Rassismus weltweit massiv zugenommen. Der Islam wird als Gegenbild zur «westlichen Gesellschaft» konstruiert (→Orientalismus). Die Zuschreibungen drehen sich oft um Terrorismus, Gewalttätigkeit, Antisemitismus, Sexismus oder Homophobie. Oft werden die Rechte von Frauen oder LGBTQI+ für antimuslimischen Rassismus instrumentalisiert.