An wen richten sich Texte oder Ausstellungen? Wen denken sie als Publikum oder als Adressat:innen? Vielleicht ganz normale Leute? Aber wer soll das sein? Wie alt sind sie? Was haben sie im Leben alles gelernt? Was für Sprachen, Slangs, Jargons verstehen und sprechen sie? Aufgrund von welchen Lebenserfahrungen interpretieren sie Texte oder Abbildungen? Was führt sie ins Museum?
Wer von einem Text oder einer Ausstellung nicht angesprochen wird, hat oft einen erschwerten Zugang dazu. Zum Beispiel, weil die Inhalte nicht in der eigenen Erstsprache vermittelt werden oder weil ein bestimmtes Vorwissen erwartet wird. Manchmal sind auch nur die Sätze zu kompliziert.
Von Menschen, die Texte oder Ausstellungen machen, wird erwartet, dass sie die Leute «abholen». Es wird erwartet, dass sie von etwas ausgehen, das «allgemein verständlich» ist.
Bei Texten oder Ausstellungen zu Rassismus wird dieser Anspruch oft so verstanden, dass es darum geht, weisse Menschen abzuholen. Als →BIPoC nicht gemeint zu sein, kann dann bedeuten, zum Objekt gemacht zu werden, damit diejenigen, die gemeint sind, etwas lernen können.
Zudem wird meist davon ausgegangen, dass weisse Menschen kaum mit rassistischen Ungleichheiten in Berührung gekommen sind. Ihnen soll möglichst leicht verdaulich Aufklärungsarbeit serviert werden. Dies geschieht oft unreflektiert, weil weisse Menschen als die «normale» Mehrheit in der Schweiz gedacht werden (vgl. →weisse Vorherrschaft). Solche Konstruktionen – Was ist normal? Wer wird miteinander als Mehrheit zusammengefasst? – funktionieren heute weniger denn je. Es ist problematisch, wenn Schwarze, Indigene, People of Color, Roma, Menschen mit Migrationsgeschichten davon ausgeschlossen werden, Teil der Allgemeinheit zu sein. (vgl. →postmigrantisch). Andersherum gesagt, weiss gedachte Menschen werden zur Mehrheitsgesellschaft gruppiert und überhöht.Sie werden erst als einheitlich konstruiert, um ihnen dann Diversität zu erklären.
Jemanden abzuholen, gelingt nicht einseitig. Um abgeholt werden zu können und sich neue Perspektiven zu erschliessen, müssen Adressat:innen selbst Schritte machen, sie müssen mitgehen resp. →Mitkommen.
A wie Adressat*innen abholen. An wen richten sich Texte oder Ausstellungen? In einer Ausstellung zu Rassismus kann «die Leute abholen» oder «allgemein verständlich sein» bedeuten, dass die von Rassismus betroffenen «Leute» nicht mitgemeint sind. Das passiert dann, wenn als weiss gedachte Menschen als «normal» oder als «Mehrheit» überberücksichtigt werden. Für die vielfältige Schweiz funktioniert diese Herangehensweise weniger denn je. Wer abgeholt wird, ohne →mitzukommen, kommt selten zu neuen Einsichten.